Kathrin Klaas ist eine sehr erfolgreiche deutsche Hammerwerferin (5. Platz bei Olympia in London, 6. Platz bei der letzten WM in Peking) und setzt sich mit dem Thema Wearables sehr neugierig und offen auseinander. Sie hat mit dem WISS ein Gespräch geführt, welches Einblicke in die Einstellung, die aktuelle Lage und mögliche Ansatzpunkte für Wearableactions im Hammerwurf bereitet. Natürlich bekam sie zunächst eine Einführung in das WISS, dessen Ziele den aktuellen Stand.
WISS: Inwieweit bist du als Hammerwerferin mit dem Thema Wearables konfrontiert?
Kathrin: Wenn man Wearables jetzt im großen Rahmen betrachtet und Kompressionsmodule mit dazuzählt, benutze ich diese schon lange; besonders bei Flügen und zur Erholungsförderung nach anstrengenden Einheiten. Was ich bislang noch nicht unter dem Deckmantel der Wearables gefasst habe, aber nun durch das Gespräch klar wurde, ist die Tatsache, dass wir während des Wettkampfs und des Trainings biomechanische Messungen machen. Zum Beispiel hatten wir einmal eine Technologie aus dem Bereich der Skiabfahrt, wobei über die Sohlen und ein Senderpacket am Rücken Druckparameter bestimmt wurden. Das Packet am Rücken ist im Ring anders als auf einer Piste natürlich unglaublich nervig, da durch die Drehungen viel mehr Fliehkräfte und Unwucht wirken, besonders bei mir als Frau. Letztlich ist der Wurf dann immer suboptimal und bildet nicht die eigentlich interessanten Messwerte ab. Ich empfand das als unangenehm und habe es daher auch nicht gern gemacht. Zudem gab es Messungen mit Druckplatten im Ring, das war zwar kein Wearable, aber angenehmer für mich als mit dem Zusatzpäckchen auf dem Rücken.
WISS: Welche Erfahrungen hast du beim Wurf selbst?
Kathrin: Für den Wurf an sich – mit Hoch- und Tiefpunkt, Stützphasen und derartige Parameter – wird eine 3D Messung durchgeführt. Das ist natürlich für mich nicht bemerkbar, aber schwierig hinsichtlich der Vergleichbarkeit, da meines Erachtens verschiedene Messeinrichtungen unterschiedlich arbeiten und so die Gegenüberstellung von Messwerten oft nicht möglich ist. Möglicherweise könnte man Messsysteme in Kleidungsstücke oder Kompressionsmodule einbauen und könnte dann direkte Rückmeldung über Winkel und individuell abgestimmte Variablen bekommen – ja das wäre ein Schritt nach vorne. In den USA lief beispielsweise zu meinem Training einmal der Trackman aus dem Golfsport mit. Vor allem beim Hammer und bei der Kugel hat die Aufzeichnung gut funktioniert, da die Geräte ja rund sind; beim Speer oder dem Diskus gab es da größere Probleme. Der Trackman misst via Radartechnologie Weiten auf 70 m bis zu +/- 20 cm genau; entsprechend genauer werden die Werte bei geringeren Weiten wie zum Beispiel bei der Kugel. Grundsätzlich war das schon gut, aber man braucht jemanden, der die Apparatur bedient und mitschleppt.
WISS: Was sind deine Wünsche für Neu- oder Weiterentwicklungen im Bereich der Wearables, anschließend an deine bisherigen Erfahrungen?
Kathrin: Grundsätzlich ist es interessant für mich, eine bessere Vorstellung von dem Thema Wearables zu bekommen, da ich oft noch nicht informiert bin oder bestimmte Richtungen und Möglichkeiten noch nicht kennengelernt habe. Ich wünsch mir etwas Flexibles. Ich persönlich möchte nicht nach jeder Trainingseinheit mit Daten versorgt werden, ich denke, dass dies für mich sogar hinderlich ist, da ich einfach viel über das Gefühl trainiere; auch weil ich im Wettkampf ja ohne Zusatzinformationen antrete. Daher ist eine Unterstützung für den Wurf selbst nicht das Entscheidende für mich. Viel zentraler und interessanter für mich sind die Verletzungsprävention und die Erholung bzw. Erholungsförderung. Ich denke, da kann man auch über Sportarten hinweg denken. Für mich sind womöglich Module interessant, die vielleicht über textile oder luftpolstergestützte Kompression die Erholung unterstützen können, aber nicht in riesigen Apparaturen transportiert werden müssen, sondern klein und alltagstauglich sind im Design.
WISS: Kannst du dazu ein Beispiel nennen?
Kathrin: Beispielsweise ist es so, dass ich vor allem in der Vorbereitung schlecht schlafe. Ist die Trainingsbeanspruchung zu hoch? Ist der Stress zu hoch? Vielleicht kann man dazu ein Testverfahren oder einen Schnelltest entwickeln, der einfach handhabbar ist und Informationen generiert, auf Basis derer ich zielgenau reagieren könnte. Außerdem stehe ich immer noch vor der ungelösten Herausforderung, dass bei Langstreckenflügen der Nacken und die Muskulatur – trotz Polster und Stützen – beim Schlafen nicht so verspannen oder auch die Beine frisch bleiben. Zudem habe ich besonders im Winter oft Probleme mit dem Rücken, weil es einfach zu kalt ist. Es gibt so Neoprengurte, nur leider nehmen die dem Rumpf viel Arbeit ab, was sich später, wieder ohne Gurt, negativ zeigen würde. Ich nehme diese Gurte daher nicht gerne her. Ich bräuchte etwas, das meinen Rücken wärmt aber nicht zu heißt ist.
WISS: Zu deinem ersten Wunsch, eine bessere Vorstellung vom Thema Wearable zu bekommen: Was würde dich darin unterstützen?
Kathrin: Grundsätzlich das Wissen überhaupt. Ich stelle mir Fragen wie „was ist das?“, „soll ich das jeden Tag anziehen?“, „um was geht es?“, „was bringt mir das?“. Wichtig für mich wäre, es selbst auszuprobieren und selbst Erfahrungen zu sammeln. So könnte ich ein Gespür davon bekommen, was eigentlich möglich ist und kann mir eigene und fundierte Gedanken dazu machen.
WISS: Stell dir vor, du stehst vor dem WISS und hast eine Frage frei: Wie würde diese lauten?
Kathrin: Wie kann man einen Economy Flug von Frankfurt nach Rio de Janeiro für Athleten so angenehm wie möglich machen?
WISS: Vielen lieben Dank, Kathrin, für das Gespräche und die Einblicke in deinen Trainings- und Wettkampfalltag!
Wem zum sportspezifischen Komfort auf langen Flügen und Anreisen Ideen kommen, darf sich gerne hier mitteilen und Ideen diskutieren.
Wer mehr über die Kathrin und das Hammerwerfen erfahren möchte, schaut am besten hier vorbei: http://www.kathrinklaas.de
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