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Andrea Eskau ist Fachgebietsleiterin für Behindertensport im Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp), Diplompsychologin und äußerst erfolgreiche paralympische Spitzensportlerin im nordischen Skisport, im Biathlon und im Handbike. Sie hat mit dem WISS ein Gespräch geführt, in dem sie ihre Erfahrungen mit Wearables erläutert und potentielle Einsatzmöglichkeiten im paralympischen Sport beschreibt. Der Fokus liegt hierbei besonders auf ihrer Vorbereitung mit Wearables auf die paralympischen Spiele in Rio 2016.

WISS: Inwieweit bist Du als Sportlerin mit Handicap mit dem Thema Wearables konfrontiert?

Andrea: Zuerst einmal besteht ja kein Unterschied zu nicht behinderten Sportlern, insofern nutze ich Wearables im gleichen Maß, wie ich dies auch ohne Handicap tun würde. Allerdings sehe ich im paralympischen Bereich zum Teil ein noch größeres Potenzial in der Verwendung von Wearables, da zum Beispiel die Überwachung körperlicher Zustände schwieriger ist als bei nicht behinderten Athleten. So haben beispielsweise Tetraplegiker auf Grund der Schädigung des sympathischen Nervensystems einen viel geringeren Maximalpuls. Eine Belastungssteuerung über Pulsuhren ist somit kaum möglich.

WISS: Welche Erfahrungen hast Du speziell in Deiner Sportart?

Andrea: Ich betreibe ja gleich mehrere Sportarten, in denen verschiedene Wearables zum Einsatz kommen. Für den Radsport nutze ich Pulsuhren und Fitness-Tracker zur Trainings- und Belastungssteuerung. Darüber hinaus nutze ich in allen Sportarten Kompressionskleidung sowohl zur Regeneration als auch unter Belastung. In den Sommersportarten ist auch die Verwendung spezieller Kühllösungen (Kühlwesten und weitere Applikationsformen) sehr wichtig. Im Winter ist dagegen genau das Gegenteil gefragt. Nämlich spezielle Wärmelösungen, um Erfrierungen zu vermeiden. Wir verwenden im Skisport auch spezielle Skistöcke, welche eine Reihe von Kraft-, Richtungs- und Geschwindigkeitsdaten erfassen können und somit einen Rückschluss auf die Schubtechnik ermöglichen.

WISS: Kennst Du persönlich weitere Beispiele für den Einsatz von Wearables im paralympischen Sport –  sowohl national als auch international?

Andrea: Natürlich sind mir nicht alle Einsatzmöglichkeiten bekannt, aber ich weiß zum Beispiel vom Einsatz spezieller Druckanzüge, welche mit Druckluft arbeiten und die Regeneration beschleunigen sollen. Darüber hinaus werden international natürlich auch alle möglichen Aufzeichnungsgeräte verwendet, um körperliche Zustände entsprechend abzubilden.

WISS: Welche Wearables oder sonstige technische Unterstützung wirst Du persönlich für die Paralympics in Rio nutzen?

Andrea: Für Rio werde ich natürlich meine Pulsuhr nutzen, um die Belastung/Erholung vor den wichtigen Rennen so genau wie möglich zu steuern. Diese erlauben mir mittlerweile ja auch einen Rückschluss auf den allgemeinen Belastungs- bzw. Erholungszustand. Darüber hinaus muss man sich im Vorfeld natürlich auch mit speziellen Kühllösungen beschäftigen und deren Einsatz planen und testen. Als technische Unterstützung im Rennen selbst nutze ich ein sehr genaues Watt-Aufzeichnungsgerät, damit ich die Wettkampfleistung jederzeit überwachen und anpassen kann.

WISS: Was sind Deine Wünsche für Neu- oder Weiterentwicklungen im Bereich der Wearables?

Andrea: Die Wearables der Zukunft sollten möglichst eine Vielzahl von Körperdaten aufzeichnen können, ohne dabei als störend empfunden zu werden. Insgesamt wünsche ich mir einen möglichst hohen Anwendungs- und Tragekomfort.

WISS: Wie siehst Du die Perspektiven von Wearables im olympischen und paralympischen Sport? Glaubst Du, dass der Einsatz weiter zunehmen wird?

Andrea: Wie ich schon angesprochen hatte, glaube ich an vielfältige Einsatzmöglichkeiten im olympischen und paralympischen Sport. Vielleicht können Wearables in Zukunft helfen, körperliche Defizite zumindest teilweise zu kompensieren. So können viele Tetraplegiker auf Grund der Schädigung des sympathischen Nervensystems nicht mehr schwitzen. Das heißt, die Körperkerntemperatur steigt unnormal an, dies kann zu lebensgefährlichen Zuständen führen. Es verringert die körperliche Leistung aber in jedem Fall. Potenzial sehe ich auch in den Entwicklungen für blinde Sportler, hier soll die Rückmeldung relevanter Informationen über Biofeedback ermöglicht werden. Lösungsansätze für solche speziellen Fragen würden eventuell auch Auswirkungen auf ebenfalls betroffene „Nichtsportler“ bereithalten. Der Einsatz von Kompressionskleidung ist bei vielen gehandicapten Sportlern schon aus medizinischer Sicht notwendig, auch hier wären spezielle Entwicklungen sehr zu begrüßen.

WISS: Was würdest Du Dir für die Zukunft vom WISS wünschen?

Andrea: Ich würde mir wünschen, dass das WISS auch weiterhin eine Plattform bietet, auf welcher sich auch gehandicapte Sportler mit Informationen versorgen können und ihre Anliegen oder Bedarfe auch darlegen können. Dies würde sicher eine Reihe von innovativen Entwicklungen anstoßen, von denen letztlich alle profitieren können.

WISS: Vielen lieben Dank, Andrea, für das Gespräche und die Einblicke in Deinen Trainings- und Wettkampfalltag!

Wer mehr über Andrea und das Handbiken erfahren möchte, schaut am besten hier vorbei: http://www.andreaeskau.de