Digitalisierung im Stadion: Der Einsatz innovativer Technologien ermöglicht Zuschauern künftig ganz neue Erlebniswelten rund um das eigentliche Sportevent. Welcher Nutzen entsteht daraus, sowohl für die Zuschauer als auch für die Betreiber? Christoph Jürgenhake arbeitet in diversen Projekten daran, Konzepte für die Sportstadien der Zukunft zu entwickeln. Der Beitrag wurde WISS freundlicherweise durch das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM zur Verfügung gestellt.
„Die Digitalisierung ermöglicht es, Besuchern von Sportstadien ganz neue Erlebniswelten zu präsentieren“, sagt Christoph Jürgenhake, Gruppenleiter an der Fraunhofer-Einrichtung für Entwurfstechnik Mechatronik IEM. „An Fußball- oder Basketballspielen werden sie interaktiv über Apps partizipieren können und via Augmented Reality findet jeder seinen individuellen Weg zwischen Fanshop, Würstchenbude und Sitzplatz.“
Spielanalysen, Interaktivität, Navigation
So ist es etwa denkbar, dass zusätzliche virtuelle Informationen zum Sportevent künftig auf dem Smartphone angezeigt, in einigen Jahren sogar via Holografie in den Raum projiziert werden. Die Flugbahn des Balls, die Entfernung zum Tor, die Lautstärke des Jubels: All diese Analysen, die Fernsehsender teilweise heute schon auf den Bildschirm nach Hause bringen, werden künftig auch live von der Tribüne aus auf dem Spielfeld zu sehen sein.
Apps und andere digitale Services ermöglichen künftig die aktive Einbindung der Zuschauer: Wer beispielsweise die App seines Lieblingsvereins nutzt und sich über seinen digitalen Fingerabdruck als Stadionbesucher identifiziert, könnte nach Spielende Rabatt im Fanshop erhalten. Oder er diskutiert während des Spiels in Echtzeit in einer virtuellen Community über Tore, Fouls und Schwalben.
Auch die Navigation zum Sitzplatz ist denkbar. Ein kleiner Pfeil, mit Augmented Reality über das Smartphone-Display auf die Treppenstufen projiziert, macht es möglich. „Navigation ist natürlich heute schon mit fast jedem Smartphone möglich“, sagt Christoph Jürgenhake. „Derzeit läuft sie aber in der Regel GPS-basiert und insbesondere bei überdachten Stadien zu ungenau. Neue Technologien aus anderen Branchen werden das künftig kompensieren und so ortsgenaue Services ermöglichen.“
Neue Geschäftsmodelle machen Stadien fit für die Zukunft
Aus Zuschauersicht bietet die Digitalisierung eine neue zusätzliche Form des Entertainments. Aus Betreibersicht ermöglicht sie ganz neue Geschäftsmodelle. Sportstadien werden ihre Zielgruppen auf eine neue Weise ansprechen und zusätzlich neue Zielgruppen gewinnen können. „Die Besucher kommen nicht mehr nur zum Sportevent. Sie werden aufgrund zusätzlicher Angebote früher da sein, später gehen und mehr und vielfältiger konsumieren. Da reden wir über ganz neue Einnahmequellen für Stadionbetreiber“, so Jürgenhake.
Auch für Werbekooperationen ermöglicht die Digitalisierung künftig ganz neue Möglichkeiten. Die Reise-Werbung auf der Bande interessiert nur einen Teil der Besucher. Was wäre, wenn ich meine Reise künftig im Stadion nach einem Spiel direkt über das Smartphone buchen könnte, da der Hauptsponsor des Vereins spezielle orts- und zeitgebundene Sonderaktionen bereit stellt? Werbung im Stadion wird künftig auf jeden Fall individueller und zielgerichteter sein. „Ein entscheidender Punkt bei der Digitalisierung ist die Verhältnismäßigkeit. Das Sportevent an sich und die Atmosphäre eines Stadionbesuchs müssen nach wie vor im Mittelpunkt stehen, auch wenn sich die Erwartungshaltung, insbesondere der jüngeren Besucher, natürlich rasant entwickelt“, erläutert Jürgenhake.
Entwicklungskompetenz gefragt
Um diese Geschäftsmodelle umsetzen zu können, sind zunächst die Entwickler gefragt: Wie muss die Systemarchitektur des Stadions gestaltet sein, um den Einsatz digitaler Technologie zu ermöglichen? „Digitale Innovationen lassen sich in Stadien nicht so einfach installieren. Teilweise ist dafür eine komplett neue Infrastruktur nötig. Deshalb ist es wichtig, das Gesamtsystem Stadion von Beginn an auf seine späteren Anwendungsfelder zu konzipieren“. Das Fraunhofer IEM kann hier seine Expertisen im Bereich Mechatronik, Systems Engineering und Augmented Reality sinnvoll eingebringen. „Auch unsere Erfahrung im Maschinen- und Anlagenbau sowie in der Gebäudeautomatisierung ist wertvoll, da die Herausforderungen im Vergleich mit Stadien nicht unähnlich sind“, sagt Christoph Jürgenhake.
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